Der Weg - Ein Ausstellungsprojekt für die Vermittlung von Fluchterfahrungen an Kinder und Jugendliche

Ein Artikel von Paul Steffen - Junge Akademie für Zukunftsfragen & die Jugendkirche

Diese interaktive Ausstellung ist primär konzipiert für Konfirmand*innen und Schulklassen der Klassenstufen 7-10. Aber auch Studierende, Behörden-MitarbeiterInnen und Multiplikatoren der politischen Bildung haben die Ausstellung als „augenöffnend“ gelobt. Seit 2015 ist sie an verschiedenen Orten gezeigt worden und hat über 3.000 Besucher*innen angezogen.

Die Ausstellung lässt die BesucherInnen exemplarisch (anhand von angeleiteten interaktiven Übungen und Hörstationen) erahnen, was es heißt, aus der Heimat fliehen zu müssen. Die Ausstellungsmacher*innen sind sich darüber im Klaren, dass dies nur eine Anmutung sein kann und in keinster Weise das wiedergeben oder anschaulich machen kann, was es heißt Flucht und Vertreibung selber erleben zu müssen.

Die Fotografien des Niederländers Ad van Denderen bilden den optischen Rahmen der Ausstellung.

Nach einer theoretischen Einführung zum Thema Flucht bekommen die BesucherInnen einen Pass mit einer neuen Identität. Anschließend machen sie sich in von jugendlichen Teamer*innen angeleiteten Kleingruppen durch verschiedene der insgesamt 13 Erlebnisräume auf den Weg:

  • sie bauen sich provisorische Unterkünfte
  • kommen mit Schleusern in Kontakt
  • arbeiten auf dem Schwarzmarkt
  • drängen sich in einem Boot, (hören dort eine Fluchtgeschichte)
  • und müssen eine Grenze überwinden

Dann bekommen sie an der Station „Büro“ die Chance auf Asyl – oder werden abgewiesen. Alle Informationen, ob für den Vortrag, die Ausweise und die Stationen wurden von einem Team von Hauptamtlichen (einer Religionspädagogin, eines Jugendpastors mit jahrelanger Erfahrung in der Ausstellungspädagogik, eines Politologen der Jungen Akademie für Zukunftsfragen) und jungen Aktivist*innen von der NGO „Where Do Refugees Come From?“ zusammengetragen.

Beispiel für einen Ausweis, den jede*r Besucher*in bekommt

In der Ausstellung setzen wir uns mit den Situationen/Etappen, Hoffnungen und Schicksalen von Menschen auseinander, die fliehen müssen. Die Ausstellung bietet viele Anregungen zur Beschäftigung mit dem Thema Flucht und Fluchtursachen. Wesentlich sind die Übungen (Erleben von Enge, Warten und Ausgeliefertsein) und die jungen zuvor gecoachten Teamer*innen, die die mitunter fast gleichaltrigen Gäste mit ihrer Ernsthaftigkeit beeindrucken und anstecken. Für Geflüchtete ist die Ausstellung vielleicht nicht so sehr geeignet, da traumatische Erinnerungen angetriggert werden könnten.

Eine der letzte Stationen ist das Büro, in dem ein Asylantrag gestellt und entschieden wird.

Im Nachgespräch werden am Ende Handlungsoptionen für Engagement von Jugendlichen in ihrer Umgebung eröffnet. Mit dieser Ausstellung möchten wir die Besucher*innen für die Erfahrungen und Situationen von Geflüchteten sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, dass jeder Mensch ein Recht hat auf Empathie, Solidarität und Hilfe.

 

Es gibt 2 Varianten der Ausstellung zum Ausleihen:

Ein kleines Format mit 3 Stationen, die aus der großen Ausstellung ausgekoppelt wurden und in einem Klassenraum aufgebaut werden kann. Diese haben ca. 500 Menschen bisher erlebt.

Die gesamte große Ausstellung mit 13 Erfahrungsräumen. Gezeigt wurde die große Ausstellung bisher:

Juni-Juli 2015 in der Jugendkirche (700 BesucherInnen)

Juni 2016 in der Jakobikirche in Kiel (650 BesucherInnen)

Juni-Juli 2016 in der Finanzbehörde Hamburg (1060 BesucherInnen)

Juli-August 2016 in der Stadtkirche Hann Münden (500 BesucherInnen)

August/September 2017 Wiesbaden (400 BesucherInnen)

 

Entwicklung des Projektes

Angesichts der Entwicklungen im Jahre 2015 und der zunehmenden Diskussion um die Menschen, die aus Krisengebieten zu uns flohen, haben wir die Notwendigkeit gesehen, junge Menschen zu informieren und zu sensibilisieren. Durch die verschiedenen Stationen sollten sie einen emotionalen Zugang zu dem bekommen, was die Menschen auf ihrer Flucht alles erleben und ertragen müssen.

So haben wir gemeinsam mit den oben genannten Organisationen dieses Ausstellungskonzept im Frühjahr 2015 entwickelt.

Besonders wichtig für die Gestaltung der Gesamtarchitektur der Ausstellung (Umsetzung: Ika Gerrard - Team gwf-Ausstellungen) sind die großen Bilder des Fotografen „Ad van Denderen“, der in den 90er Jahren Menschen auf der Flucht begleitet hat (zu sehen in seinem Buch GO/NOGO). Diese zeigen das Thema oder die Situation des jeweiligen Erlebnisraumes – emotional aber nicht schockierend.

Methodisch ist die Ausstellung geprägt durch Peer to Peer education- Jugendliche begleiten Jugendliche. Jeder Ausstellungsbegleiter begleitet (alleine oder im Team) eine Kleingruppe von 8-10 Personen auf ihrem Weg durch die Ausstellung. So entstehen Kontakte und Gespräche auf Augenhöhe.

Mitwirkende

Neben den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendkirche und der Jungen Akademie für Zukunftsfragen haben sich 20-30 junge Menschen für diese Ausstellung und das Thema schulen lassen und begleiteten sehr engagiert die Gruppen durch die Erlebnisstationen.

Ebenfalls wurden sorgfältige Begleiter-Handouts von der Religionspädagogin Tina Jachomowski (Jugendkirche) entwickelt.

Die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen ist bisher immer herausragend gewesen. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Ausstellungskonzeption mit den Bildern und Texten die Teamer*innen stark berührt und in das Thema einbezogen hat.

Auch die Rückmeldungen der BesucherInnen und der begleitenden Pastor*innen und Lehrer*innen waren durchweg ausgesprochen positiv.

 

Zitate von Besucher*innen:

Schülerin (10. Klasse) „Da lernt man mal völlig anders als in der Schule.“

Schüler (11. Klasse) „Ich hab‘ echt so ein Ungerechtigkeitsgefühl gehabt, als mein Asylantrag abgelehnt wurde.“

Lehrerin (Ida-Ehre-Schule) „Das hat die SchülerInnen und mich wirklich angefasst.“

Flüchtlingsbeauftragte Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein „Das ist wirklich sinnvoller als mancher Unterricht oder Filme oder so Sachen, die doch oft abstrakt bleiben.“

Leitung der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg „Wir bekommen selten so gut ausgearbeitete Vorlagen, dass wir gleich unbedingt kooperieren wollen."

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