Wir in Deutschland
Am Schulzentrum Kinderhaus in Münster in einer Förderklasse für Deutsch als Zweitsprache wurde exklusiv für eye_land ein Fotoprojekt entwickelt. Die Texte der Kinder und Jugendlichen beschreiben Ihren individuellen Zugang und Ihre Motivation.
Nour und Mohammed
Wir sind Zwillinge und kommen aus Syrien. Wir sind 16 Jahre alt.
Auf den Fotos sind vor allem unsere Familie und unser altes Leben in Syrien zu sehen, aber wir zeigen auch, wie wir nun in Deutschland leben.
In Syrien lebten wir in einem großen Haus und unsere Eltern hatten neben ihrem Hauptberuf – sie waren Lehrer und Lehrerin - einen kleinen Laden. Leider sind die Gebäude alle bei einer Explosion zerstört worden.
Wir haben diese Fotos gewählt, weil sie uns sehr wichtig sind. Es sind Erinnerungen an unser altes Leben.
Auf einigen Fotos ist ein typisch kurdisches Fest zu sehen. Wir feierten es regelmäßig in Syrien. Aber dort haben wir es anders gefeiert, denn wir waren immer sehr viele Personen. Die ganze Familie und die ganzen Verwandten kamen zusammen. Dann gingen wir gemeinsam in den Wald, wo wir grillten, tanzten und sangen. Auch ein Feuer wurde angezündet. Wir tanzten immer sehr viel.
Hier in Deutschland fehlen die vielen Verwandten. Aber meine Familie trifft sich trotzdem und wir grillen und manchmal tanzen wir gemeinsam.
In Syrien hat Mohammed bereits Fußball gespielt. Das macht er hier in Deutschland auch. Er geht in einen Verein. Der Fußball ist ihm sehr wichtig.
Für uns Kinder ist Deutschland besser als unsere Heimat, weil wir hier in Frieden leben können. Uns fällt es weniger schwer, aber für manch ältere Leute ist es doch sehr schwer, weil sie Syrien anders erlebt haben, sie kennen das Land noch gut, wie es vor dem Krieg war.
Walif
Mein Name ist Walif. Ich komme aus Syrien und lebe seit 7 Monaten in Deutschland. Ich bin fast 15 Jahre alt.
Meine Fotos zeigen viel Natur, weil ich die Natur liebe. Ich fotografiere sie, damit ich die Schönheit der Natur in Bildern zeigen kann. Worte können nicht ausreichend genug erklären, was man schön findet, aber Bilder können das. Bilder sind für immer da.
In Münster mache ich mit meiner Familie oft Radtouren, etwas, was ich in meiner Heimat nie machte. Das ist neu für mich und ich mag es sehr. Es ist ein schönes Gefühl in der Natur Rad zu fahren. Wir fahren oft zum Aasee. Er gefällt mir. So einen großen See kenne ich aus meiner Heimatstadt nicht.
Ich hoffe, dass der Betrachter den Anblick meiner Bilder genießt und man sich dazu äußert.
Mahnoor
Ich heiße Mahnoor und bin 18 Jahre alt. Vor zwei Jahren bin ich aus Pakistan nach Deutschland gekommen.
Meine Fotos zeigen Norderney, wo ich in den Sommerferien war. Da bin ich zwei Wochen lang geblieben und habe viel gesehen, viel gefühlt und viel genossen. Außerdem hat es mich an etwas erinnert, nämlich an mein Heimatland Pakistan. Es gibt eine Stadt in Pakistan, die Karachi heißt. Manchmal hatte ich das Gefühl, tatsächlich in Karachi zu sein. Das war ein schönes Gefühl, das mir gezeigt hat, dass ich mein Heimatland nicht mehr vermissen muss, da ich mich in Deutschland so wohl wie in meiner Heimat fühlen kann.
Ana
Ich bin Ana und 15 Jahre alt. Ich komme aus dem Iran und bin seit 7 Monaten in Deutschland.
Was für mich hier in Deutschland am schwersten ist, ist, dass ich keine Freundinnen habe. Im Iran habe ich so viele Freundinnen. Das macht mich traurig. Das zweite ist, dass es in Deutschland sehr kalt ist.
Im Iran brachte mich meistens meine Mutter, manchmal mein Vater mit dem Auto zur Schule. Jetzt fahre ich mit dem Bus. Zehn Minuten gehe ich zu Fuß bis zur Bushaltestelle. Die Fahrt dauert dann noch 45 Minuten. Das ist viel Zeit. Schlimm ist es für mich, wenn es kalt ist.
Auf den Fotos ist mein Schulweg zu sehen.
Aber ich muss sagen, dass ich froh bin in Deutschland zu sein. Hier fühle ich mich frei und sicher.
Nach der Schule möchte ich studieren und Anwältin werden.
Suprawee Samrittikul
Mein Name ist Suprawee Samrittikul. Ich komme aus Thailand, bin 14 Jahre alt und lebe in Deutschland seit einem Jahr.
Jeden Tag fahre ich mit dem Fahrrad zur Schule - nicht im Winter! Auf dem Schulweg sehe ich immer sehr viel: Straßen, Autos, Vögel, Bäume, andere Fahrradfahrer und noch mehr. Ich mag das alles sehr gern, weil ich aus Thailand komme. Dort bin ich immer mit dem Auto zur Schule gefahren worden. Ich fahre gern durch die Natur. Morgens gibt es sogar manchmal noch Nebel.
Das Radfahren ist gut für mich, es ist mein Sport. Manchmal mache ich auf meinem langen Weg eine Pause. Dann sitze ich auf einer Bank. Dabei bin ich auch schon ins Gespräch mit andern Radfahrern oder Spaziergängern gekommen.
Es ist hier aber oft sehr kalt. Beim Fahren ist die Kälte im Gesicht sehr unangenehm.
Auf dem Schulweg fahre ich an vielen Bushaltestellen vorbei. Wenn ich faul bin, kann ich mit dem Bus fahren. Aber das mache ich nicht so oft.
Am Dienstag habe ich nur bis 12.30 Uhr Unterricht. Dann kann ich früh wieder nach Hause fahren.
Yara
Mein Name ist Yara. Ich bin 14 Jahre und komme aus Syrien.
Deutschland gefällt mir gut. Hier darf ich endlich wieder zur Schule gehen. Als ich in der Türkei lebte, nachdem ich mit meiner Familie aus Syrien geflüchtet war, durfte und konnte ich nicht zur Schule gehen.
Ich lebe jetzt in Münster. Das ist eine schöne und ruhige Stadt.
Auf meinem Foto ist ein Regenbogen in einer schönen Landschaft zu sehen. Das Bild strahlt für mich Ruhe aus. Aber als ich das letzte Mal einen Regenbogen gesehen habe, das war in Syrien, war da eine Mutter, die geweint hat, weil genau an jenem Tag ihre Kinder durch Bomben gestorben waren.
Fajar Butt
Mein Heimat Münster
Münster hat eine große Bedeutung in meinem Leben. Dies ist der Ort, an dem ich nach meinem Umzug aus meinem Heimatland leben musste. Es war etwas schwierig am Anfang, aber nach einiger Zeit begann ich es zu mögen. Die Leute hier sind auch sehr nett und freundlich. Die Art, wie die Architektur zur Zeit der Sonnenuntergänge glänzt, zeichnet die Bilder ihrer Schönheit perfekt aus. Wie Natur und Grün in die Stadt fallen. Das Chaos und die Hektik auf dem Straße habe ich angefangen zu mögen. Alles ist so schön atemberaubend.
Die Bilder zeigen, wie ich persönlich die Stadt finde und betrachte die Schönheit dieses Ortes perfekt einfange, wie es im Sonnenlicht scheint und wie es im Mondlicht shimmert und wie es insgesamt schön und perfekt ist
Die große Schwierigkeit für mich war die Schule. Es war wirklich hart am Anfang lernen im ein neuen Sprache, aber mit der Zeit bekam es einfacher. Die Bilder zeigen „mein Weg zur Schule“
Ich mag es in Münster zu leben und es ist jetzt mein neue Heimat
Fotograf*innen:
Walif
Mahnoor
Ana
Suprawee Samrittikul
Yara
Nour und Mohammed
Fajar Butt
Stefanie Riboni (Projektleitung)
Region:
Nordrhein-Westfalen
Entstehungsjahr:
2018
Neueste Projekte
Neoenkel
Iris Wolf (Projektleitung), Jörg Meier (Projektleitung), Projektträger: LAG Kunst und Medien
In diesem Wohnprojekt leben 20 Senior*innen und fünf unbegleitete minderjährige geflüchtete Männer. Sie stammen aus Eritrea, Syrien und dem Iran. Einige der Senior*innen sind ‚Vertriebene’ aus Oberschlesien und Pommern.
Nordrhein-Westfalen, 2017
Aus der Ferne - aus der Nähe
Iris Wolf (Projektleitung), Jörg Meier (Projektleitung)
Das Projekt „Aus der Ferne - aus der Nähe“ beschäftigt sich experimentell mit den Vorstellungen von jungen geflüchteten Menschen, die schon eine Zeitlang in Deutschland leben. Sie haben ein neues zu Hause gefunden, sie gehen zur Schule, treffen sich mit neuen Freunden. Es ist ein Folgeprojekt mit Teilen der Gruppe aus NEOENKEL. Diesmal allerdings geht es um die Zukunftsvisionen der jungen Männer die im Seniorenzentrum ihr eigenes Apartments haben oder hatten.
Nordrhein-Westfalen, 2018
On the Move
SocialVisions - Photography for Social Change
Neuruppin:, Elita, Khadisht, Khava, Madina, Pirdoz, Rayana , Potsdam:, Bashar, Hewa, Lava , Mohanad, Morad, Mouhammad, Raam
Das partizipative Fotoprojekt ON THE MOVE lud geflüchtete Jugendliche aus dem Land Brandenburg ein, ihre eigenen Geschichten in Bildern zu erzählen. Im Rahmen einer mehrere Monate dauernden Workshop-Reihe fand ein Fotoworkshop mit zugewanderten Jugendlichen in Potsdam sowie ein Fotoworkshop mit zugewanderten Mädchen und jungen Frauen in Neuruppin statt.
Brandenburg, 2017